Nach Tief kommt Hoch – 200 km Brevet Ostfalen im Regen

Noch vor 2 Wochen kapitulierte meine Psyche beim 400 km Brevet in Giessen. Nach 250 km war ich wieder zu Hause. Vielleicht war der 400er für den Saisonstart eine Nummer zu groß. In den 2 Wochen nach diesem DNF saß ich so gut wie nicht im Sattel, keine Zeit, aber in erster Linie fehlte mir die Motivation. 

Die Vorfreude auf das heutige 200 km Brevet hielt sich zunächst ziemlich in Grenzen. Hätte ich einen guten Grund gefunden, zu Hause zu bleiben, wäre ich nicht traurig gewesen. Doch vermutlich hätte ich mich dann später geärgert.

Erst als ich mein Rad und das ganze Equipment ins Auto geladen hatte und mit meinem neuen 4-rädrigen Flitzer nach Warberg brauste, flackerte wieder etwas Brevet Lust auf. Die gute Wettervorhersage trug ihren Tei dazu bei, trocken und relativ wenig Wind prognostizierte meine Wetter-App. Und ein flacheres Streckenprofil erwartete mich. Gute Voraussetzungen, um wieder etwas Selbstvertrauen zu tanken.

Hartmut hatte wie immer alles perfekt vorbereitet! Allein schon deshalb und wegen der guten Verpflegung im Ziel empfehle ich jedem einmal in Warberg ein Brevet zu fahren. Gestartet sind 2 Velomobilfahrer, 1 Liegeradler, 24 Rennradler und 1 Vater/Sohn Tandem, ein gemischtes Trüppchen aus alten Hasen, fortgeschrittenen Randonneuren und auch relativ vielen Brevet Neulingen. Der liegeradler war versehentlich mit 2 linken Radschuhen angereist und bemerkte dies erst kurz vorm Start. Ich hoffe, er konnte sich in Helmstedt Ersatz besorgen.

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Bis zur ersten Kontrolle nach 43 km rollte ich in einer größeren Gruppe mit. Es hat mal wieder richtig Spaß gemacht, im Windschatten mühelos voranzukommen. Entgegen der Wettervorhersage war es leider nicht trocken, sondern nieselte oder regnete fast von Anfang an. Gut, dass ich Schutzbleche montiert hatte. Die Regenklamotten blieben allerdings in der Tasche, denn so schlimm fand ich den Niederschlag nicht, zumal meine normalen Radklamotten zumindest wasserabweisend sind.

Durch diverse Ampelstopps und ein paar Hügel wird die Gruppe zwischen Kontrolle 1 und Kontrolle 2 gesprengt. Auch ich verliere den Anschschluss zu den schnellen Jungs und fahre jetzt teilweise allein im Regen und gegen den Wind. Nach einer Pinkelpause nähert sich von hinten eine Gruppe und inhaliert mich kurze Zeit später. Dankend reihe ich mich ein. Mit gefühlt halber Anstrengung rolle ich im Pulk mit und schone meine Kräfte. An der 2. Kontrolle in der Waldschänke in Hohenwahrte halte ich mich nicht lange auf. Ich lasse mir nur den obligatorischen Stempel verpassen und drücke mir ein Gel rein.

Klamotten muss ich trotz Regen nicht wechseln. Ich bin weder durchnässt, noch friere ich, alles bestens! Ich will schnellstmöglich weiter und spüre, dass es heute gut läuft!

Während die meisten Randonneure sich etwas länger aufhalten, um Klamotten zu wechseln oder um sich etwas auszuruhen, mache ich mich mit einem alten Hasen nach wenigen Minuten wieder auf den Weg. Zu diesem Zeitpunkt bin ich davon ausgegangen, dass uns einige schnelle Jungs längst enteilt sind. Der Regen hält leider an, kann mich aber heute in keinster Weise demoralisieren.

Fotos schieße ich nur an den Kontrollen, denn bei dem Mistwetter macht dies keinen Sinn, außerdem gibt die Strecke landschaftlich im Vergleich zu meinem Heimatrevier – im nordhssischen Mittelgebirge – nicht so viel her. Aber dafür rollt es gut und ich will nicht abreißen lassen. Immer mit Zug auf der Kette folge ich meinem Randonneurs Kollegen. Unzählige endlos erscheinende Geraden fordern uns mental heraus. Teilweise radeln wir nebeneinander und quatschen nett miteinander.



Außer einen der beiden Velomobilfahrer (natürlich nicht Hartmut), den wir an einem Hügel überholen, der uns an der folgenden Abfahrt aber wieder davonfährt, entdecken wir weder vor, noch hinter uns andere Randonneure. Irgendwann schwant uns, dass wir evtl. doch die ersten Rennradfahrer sind und machen weiterhin Dampf, bis wir zum x-ten Mal von einer geschlossenen Bahnschranke ausgebremst und gestoppt werden. Ja ich weiß, Brevets sind keine Rennen, aber so völlig lässt sich der Wettbewerbsgedanke nicht ablegen.

Hier die letzte Kontrolle mittels Kontrollzange an einer Kapelle in Beienrode.


So ab etwa 150 km hat es aufgehört zu regnen und für einen kurzen Moment blitzt sogar die Sonne durch die Wolken, ehe sie sich wieder verdichten und sich kurz vorm Ziel rabenschwarz färben. Bloß kein Regen mehr und erst recht kein Gewitter bitte! Ich glaube, das spornte uns nochmal richtig an.

Nach einer Gesamtzeit von 8:22 h rollen wir tatsächlich als erste Rennradler auf Hartmuts Hof, während er und sein Velomobilkollege es sich längst gemütlich gemacht haben.

Danke an den tollen Begleiter, dessen Namen ich leider schon wieder vergessen habe und ohne den ich niemals die 207 km mit einem fast 28er Schnitt durchgehalten hätte.


Und Danke an Hartmut! Bis nächste Woche.

Übrigens, Giessen ist vergessen und nach über 200 km ohne Sitzbeschwerden bin ich wieder optimistisch für die längeren Brevets!

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