Transcimbrica 2019 – meine erste unvergessliche Nacht in einem Shelter

Samstag 9.März 
Nach 3 Stunden Schlaf auf der harten Holzbank im Bushäuschen schäle ich mich morgens um 6:39 Uhr aus meinem Schlafsack. Gefroren habe ich nicht, aber extrem unbequem war es, da ich auf das Aufblasen und Unterlegen der Isomatte verzichtet hatte. Es wird gerade hell und im Dorf sind die ersten Menschen unterwegs. Offensichtlich nimmt niemand von meiner Anwesenheit Notiz, zumindest ist das mein Eindruck.

Nachdem ich mein Geraffel zusammengepackt und verstaut habe, gehts munter und hungrig weiter.

Um 8:12 Uhr dann die Erlösung, in Hanerau-Hademarschen entdecke ich eine Bäckerei. Drinnen sitzt Gerhard, ebenfalls Transcimbrica Teilnehmer und wie es scheint ein äußerst fitter, freundlicher und gelassener Pensionär. Während ich versuche ein Selfie zu machen, übernimmt er das freundlicherweise für mich.

Wir plaudern ein Weilchen und dann setzt Gerhard seine Fahrt fort, während ich noch einen Moment bleibe, meine Käsestange futtere und den Kaffee schlürfe.

Nur etwa eine halbe Stunde später treffen wir erneut aufeinander, an der ersten Kontrollstelle – der Fähre in Oldenbüttel. Wieder ist Gerhard mein Fotograf und macht das obligatorische Beweisfoto von mir, mit „Transcimbrica-Schnapsflasche“ in der Hand, während Boris, ebenfalls Transcimbrica-Teilnehmer, neben dem Fährhäuschen aus seinem Schalfsack rauskrabbelt. Boris scheint deutlich wetterresistenter und kälteunempfindlicher zu sein als ich. Er hat kaum was an. Das ist mir bereits vorm Café Timeless aufgefallen, als er mit seinen äußerst muskulösen und blanken Waden neben mir stand. Und auch am restlichen Körper trug er deutlich weniger Schichten als ich – dazu ein offenes Dekolleté. Allein bei diesem Anblick zitterte ich vor Kälte! (Ok, auf dem Rad war er dann doch etwas bedeckter unterwegs)

Danke Gerhard, hat mich gefreut Dich kennenzulernen!

Etwa 90 Minuten später mache ich in Hohn die nächste Pause, die Käsestange war wohl eher was für den hohlen Zahn. Ich schiebe noch ein leckeres Salamibrötchen hinterher, dazu Kaffee.

Gestärkt geht’s weiter. Es ist trocken aber extremer Westwind macht mir zu schaffen. Fast hätte es mich in in einem Moment von der Straße gefegt.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass ich mehr pausiere und esse als Rad zu fahren. Denn in Jübeck folgt um 13 Uhr mein nächster Boxenstopp, mit einem etwas ungewöhnlichen Mittagessen. Aber ich habe Kohldampf und ich fasse die Gelegenheit beim Schopf. Wer weiß wann die nächste kommt? Im Nachhinein betrachtet war es ein Stück Kuchen zuviel. Genau dieses lag mir über Stunden schwer im Magen.

Auch Boris rollt kurz nach mir ein, pausiert und stärkt sich ebenfalls. Kurzes Geplauder bevor ich allein weiter fahre.

Doch Boris holt mich wieder ein und wir fahren gemeinsam bis zur dänischen Grenze, wo er evtl. Jemanden trifft und dort übernachten kann. Ausreichend Zeit um diesen Kerl aus Rüdesheim etwas näher kennenzulernen, der offensichtlich in nur wenigen Jahren bereits viel Erfahrung auf der Langstrecke gesammelt hat und u.a. in 2015 Paris-Brest-Paris mitgefahren ist.

Unterwegs bewundern wir die riesigen Schweine in Freilandhaltung. Freilandhühner kannte ich bereits, aber so viele Schweine auf einer riesigen freien Fläche hatte ich bisher nicht gesehen.

Wir verabschieden uns und ich überquere um 15:52 Uhr die Grenze nach Dänemark. Danke für die nette und kurzweilige Begleitung Boris.

Es ist weiterhin wechselhaft und ich schlüpfe in meine Regenhose, da Regen und Wind zunehmen. Wo werde ich heute  Nacht schlafen? Ich beschließe den nächstmöglichen Shelter anzusteuern und zum erstem Mal in meinem Leben in einer solchen Schutzhütte zu übernachten. Diese Entscheidung ist genau richtig, wie sich später rausstellt. Um 17:43 Uhr werde ich in der Nähe von Bolderslev fündig, ein einzelner Shelter versteckt in einem Waldstück am Wegesrand.

Als hätte es der Wettergott gut mit mir gemeint und solange gewartet, bis ich den Shelter schlaffertig bezogen habe, so tobt kurze Zeit später ein Sturm los, der die ganze Nacht andauern und mir Furcht einflößen soll. Ich telefoniere noch mit meiner Frau, bevor ich mich in den Schlafsack verkrieche. Meine Liebste berichtet ähnliches von zu Hause, wo ein Baum umgestürzt ist und eine Brücke blockiert. Gefühlt habe ich – ob dieses Monstersturmes – die ganze Nacht keine Auge zugedrückt. Und noch nie zuvor habe ich eine solche, wetterbedingte Geräuschkulisse erlebt. Jedes Mal wenn der Sturm über den Wald fegt, höre ich wie sich Bäume biegen und dabei knarzen. Die Druckwellen sind extrem stark, sie blasen den Wind durch die Ritze im Schelter und sind trotz Schlafsack und Biwaksack am Körper spürbar. Hoffentlich kracht mir der Wald nicht auf den Schelter und begräbt mich darin, geht es mir mehrfach durch den Kopf. Aber ich vertraue auf die stabile Konstruktion von Wald und Shelter. Zum ersten Mal nehme ich einen Schluck Schnaps aus dem Notfall-Set. Der schmeckt wirklich super, wirkt sofort beruhigend und verschafft mir dann doch ein wenig erholsamen Schlaf!?

Fortsetzung folgt!

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